Es gibt viele verschiedene Arten von Akupunktur. Eine Art, die in der westlichen Welt häufig angewandt wird, nennt J.R. Worsley die "Barfuß"-Arzt-Methode.
Man kann mit dieser Methode Nadeln in verschiedene Teile des Körpers stechen und dadurch Schmerzen verschwinden lassen. Es gibt kaum Schmerzen, die man nicht durch Akupunktur verschwinden lassen kann. Aber nach einer gewissen Zeit wird der Schmerz wieder kommen.
Die Therapeutin hat mit der Nadelung geholfen, die Symptome zu lindern, so als hätte der Patient Aspirin gegen Kopfschmerzen genommen. Wenn es jedoch einen tieferliegenden Grund für die Schmerzen gibt, werden sie wieder kommen. China ist ein derart großes Land, dass auch "Barfuß"-Ärzte dringend gebraucht werden. Die Entfernung zum nächsten Krankenhaus kann so weit sein, dass es in kleinen Kommunen häufig die "Barfuß"-Ärzte sind, die erste Hilfe leisten.
Um "Barfuß"-Arzt zu werden, braucht es keine langwierige Ausbildung. Was es braucht, um erste Hilfe mit Akupunktur zu lernen, ist relativ schnell zu schaffen. Aber die "Barfuß"- Arzt-Methode ist und bleibt nichts anderes als erste Hilfe und behandelt nur die Symptome. Sie ist nicht alles, was Akupunktur zu bieten hat.
Der Unterschied zwischen traditioneller chinesischer Medizin und der "Barfuß"-Arzt Methode ist, dass die traditionelle chinesische Medizin eben nicht die Symptome behandelt. Im Sinne der TCM ist es unsinnig, Symptome zu behandeln. Symptome sind Notsignale des Körpers, der Seele oder des Geistes; sie sind nicht die Ursache. Wenn wir das Symptom behandeln, bleibt die Ursache davon unberührt. Und mehr noch, wir bringen das System für einen Moment zum Schweigen, so dass es, um sich erneut Gehör zu verschaffen, beim nächsten Mal nur umso lauter schreien muss. Die TCM ist ein tiefgründiges System, das die individuelle Betrachtung des Patienten in den Vordergrund stellt und auf Naturgesetzen beruht.
"Von allen Medizin-Systemen der Welt steht dieses Medizin-System auf der festesten Grundlage. Es gründet sich vollständig auf Gesetze der Natur. Der Mensch kann es nicht verfälschen; der Mensch kann es nicht verändern; der Mensch kann es nicht verbessern. Wenn es auch in der westlichen Welt neu sein mag, so muss man doch anerkennen, dass ein Viertel der Weltbevölkerung seit über fünftausend Jahren mit Hilfe dieses Medizin Systems behandelt wurde. Wenn es keine Gültigkeit hätte, wäre es vor Tausenden von Jahren untergegangen." - J.R. Worsley
In der TCM gehen wir davon aus, dass es in einem Körper zehn Organe und zwei Funktionen gibt. Sind diese zehn Organe und zwei Funktionen im Gleichgewicht und arbeiten in Harmonie, dann ist es unmöglich, dass der Körper in Imbalance ist. Er kann weder an Körper, Geist oder Seele krank sein.
Jede Krankheit ist eine Folge davon, dass eines oder auch mehrere Organe nicht einwandfrei zusammenarbeiten. Sobald eines der Organe aus dem Gleichgewicht gerät, ist das Ergebnis Krankheit - entweder des Körpers, des Geistes oder der Seele. Alles, was getan werden muss, ist die Aufhebung des Ungleichgewichts. Sind die Organe, so gut es geht, wieder im Gleichgewicht, wird auch die Imbalance verschwinden. Wie kann der Therapeut wissen, ob die Organe so arbeiten, wie sie arbeiten sollen?
Patientenbesitzer tun so (und wir sollten uns selber nicht ausnehmen), obwohl sie das natürlich nicht glauben, aber sie tun so, als wäre der Patient bis zu dem Tag, an dem ihn heimtückisch die Augenentzündung, die Kolik, die Rehe, die Hypothyreose, sozusagen aus dem Nichts befallen hat, kerngesund gewesen.
Aber so funktioniert das nicht. Die Natur ist milde mit uns. Sie sendet uns Monate, Jahre vor Ausbruch einer Krankheit Warnsignale und fordert uns auf, hinzuschauen. Aber wir sind blind, taub, bequem oder haben auch einfach Angst und verschließen unsere Augen und wollen oder können nichts bemerken, bis es sehr spät oder sogar zu spät ist. Das wirklich Sensationelle an der TCM ist, dass sie ein vorbeugendes System ist. Natürlich ist sie in der Lage, Akutsituationen zu behandeln, aber der eigentliche Plan ist die Vorbeugung. Es wäre z. B. sinnvoll, bei jedem Wechsel der Jahreszeit zum Therapeuten seiner Wahl zu gehen und schauen zu lassen, ob eines der Organe aus dem Gleichgewicht geraten ist, damit er dieses Gleichgewicht wiederherstellen kann und so weitere Imbalancen verhindern kann.
Das, was wir bei unseren Autos für selbstverständlich halten - regelmäßige Kundendienste und qualitativ hochwertigen Treibstoff -, finden wir bei unseren oder den Körpern unserer Haustiere fragwürdig, lästig, zu teuer oder unnötig. Hier warten wir, bis das Kind in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen ist. Dabei sendet unser Körper, in dem Moment, wo ein Organ aus dem Gleichgewicht gerät, Notsignale, die durchaus verständlich und erkennbar sind. Das tut er nicht nur auf eine Weise, sondern auf vielen verschiedenen Wegen. Die Farbe der Schleimhäute, die Qualität der Haare, des Fells, die Qualität der Nägel, Krallen, Hufe, der Körpergeruch, der Geruch der Ausscheidungen - all das wird sich verändern. Unsere Gefühle können sich ändern, da unsere Organe unsere Gefühlslage kontrollieren. Auch der Puls wird sich ändern, sobald eines der Organe einer Störung unterliegt.
Die Natur ist nett zu uns. Sie sagt Bescheid. Immer und immer wieder - Wochen, Monate, Jahre bevor wir feststellen, dass wir „jetzt“ krank sind. Der eigentliche Plan und die Fähigkeit der TCM, Krankheiten verhindern zu können, kommt nur bedingt zum Tragen, weil wir in unserer westlichen Welt überwiegend Patienten bekommen, die schulmedizinisch gesehen als austherapiert gelten. Und auch in diesen Fällen ist es mit Hilfe der TCM sehr oft möglich, ein für den Patienten tragbares Gleichgewicht seiner Organe wiederherzustellen.
Die westliche Medizin hat sich auf die Alarmsignale von Organen spezialisiert. Sie hat sich darauf spezialisiert, diese Alarmsignale verschwinden zu lassen. Die eigentlich wichtige Aufgabe wäre jedoch herauszubekommen, warum wir ein bestimmtes Alarmsignal empfangen.
Wenn wir jetzt wieder auf den „Barfuß“-Arzt schauen, also jemanden, der die TCM verwendet, um das Alarmsignal eines Organs verschwinden zu lassen, dann wird er bei Herzschmerzen z. B. den Punkt He 7 behandeln, um das Herz zu beruhigen. Wenn es gut läuft, werden sich die Symptome verbessern, vielleicht sogar verschwinden. Aber sie werden wieder kommen, wieder kommen müssen.
Manchmal genau gleich, manchmal ein bisschen verändert, so dass man denkt, eine neue Krankheit vor sich zu haben. Und wieder wird der „Barfuß“-Arzt die Symptome behandeln und versuchen, sie verschwinden zu lassen. Und in der Zwischenzeit wird der Patient immer kränker, da die Ursache der Erkrankung nicht beachtet wurde und statt dessen mit den oberflächlichen Symptomen Zeit verspielt wurde. Man kann natürlich jetzt fragen…aber halt…was ist daran falsch, bei Herzschmerzen mit He 7 das Herz zu beruhigen?
Es ist ungünstig, weil die Herzschmerzen vermutlich daher rühren, dass die Mutter des Herzens, die Leber, nicht arbeitet, wie sie soll, und somit nicht in der Lage ist, sich um ihr Kind, das Herz, ausreichend zu kümmern. Und das Kind, das Herz, macht sich in seiner Vernachlässigung z.B. durch Herzschmerzen bemerkbar. Die Frage lautet also immer „Warum“.
Die Frage, die einer sinnvollen Behandlung zugrunde liegen sollte, lautet: Warum sendet das Herz Alarmsignale aus? nicht: Wie bekomme ich die Alarmsignale des Herzens weg? In unserem Fall der Leber-Herz-Imbalance werden die Herzauffälligkeiten vermutlich mit der Behandlung der Leber verschwinden. Das ist jetzt sehr kurz gefasst. Die weiteren Zusammenhänge werden bei Betrachtung der 5 Wandlungsphasen klarer. Jede Art von Medizin, die kurzfristig flickt, wird den Patienten über kurz oder lang bezahlen lassen. Das heißt nicht, dass die westliche Medizin keine Daseinsberechtigung hätte. Nein, ganz im Gegenteil. Gäbe es die westliche Medizin, die eine großartige Notfallmedizin ist, nicht, würden Millionen von Menschen, die sich ihres Lebens erfreuen, heute tot sein.
Westliche, schulmedizinische Medikamente sind geeignet, um Krisen zu überstehen. Wenn die Krise aber überstanden ist und die Medikation fortgeführt wird oder wenn Medikationen ohne angemessene Diagnostik eingesetzt werden, dann hat das nichts mehr mit Medizin zu tun, sondern sollte als Drogenmissbrauch bezeichnet werden. Wenn wir in Körper, Seele und Geist einigermaßen ausgeglichen sind, dann haben wir sicherlich über den Tag verteilt einige Imbalancen oder auch Hochs und Tiefs, aber wir können unser Tagwerk bewältigen, ohne über die Maßen angestrengt zu sein.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wenn wir eben nicht mehr in der Lage sind, unser Tagwerk zu bewältigen, über die Maßen angestrengt sind, emotional verwirrt sind und nicht mehr angemessen reagieren, unser Körper Alarmsignale sendet, die wir nicht ignorieren sollten. Das Gleiche gilt natürlich für unsere Haustiere.
Das System der TCM hat etwas Kindliches, Phantasievolles. All die Bezeichnungen, die wir heute verwenden, kannten die Chinesen ja nicht. Es gab die Worte Herz, Lunge oder Niere nicht. Die Organe wurden als Beamte bezeichnet. Kleine Männchen, die in unseren Körpern die ihnen zugewiesenen Aufgaben erfüllen. Und sie können ihren Teilbereich nur erfüllen, wenn alle anderen Beamten ihren Teilbereich auch gewissenhaft erfüllen, also alle an einem Strang ziehen. Tanzt nur einer aus der Reihe, dann leidet das Gesamtsystem darunter.
TCM ist für mich das wunderbarste Medizinsystem, das es gibt. TCM macht Spaß. Allerdings ist sie, wie auch jedes andere System, nur so gut wie die Therapeutin, die sie anwendet.
Es liegt in unserer Verantwortung, unsere Körper, unseren Geist und unsere Seele gesund zu erhalten und zu pflegen. Unsere Therapeuten können uns auf diesem Weg nur begleiten. Und genauso ist es mit unseren tierischen Patienten. Es ist die Aufgabe ihrer Besitzer, sie zu pflegen, und wir können sie auf diesem Weg begleiten.
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